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Mein Verständnis der Psychotherapie:

Therapie soll eine Hilfe zur Selbsthilfe sein. Manche Menschen haben Angst, ihre Probleme preiszugeben, was sie vielleicht bisher noch nie oder kaum getan haben, sie testen mich ev. zuvor deshalb auch, ob ich wirklich vertrauenswürdig und belastbar bin, und dann merken sie, wie gut es tut, sich zu öffnen und angenommen zu werden. Den Balanceakt, am Ende der Therapie den Weg wieder ohne meine Hilfe weiterzugehen, gut zu gestalten, ist mir wichtig, indem es ein schöner Abschied in die Freiheit und das Selbstvertrauen, nun alleine klar zu kommen und tragfähige andere Beziehungen aufgebaut oder erweitert zu haben, sein soll. Ich gebe meist ganz konkrete Übungen mit auf den Weg, die man auch nach der Therapie weiter anwenden kann. Manchmal wühlt Therapie auch auf oder tut weh, weil man mit Verdrängtem oder Schmerzhaftem konfrontiert wird. Daraus können jedoch neue Erkenntnisse, neue Bewältigungsstrategien, Selbstvertrauen und innere Stärke wachsen.

Über die 22 Jahre Berufserfahrung bekam ich fast durchwegs positive Rückmeldungen meiner PatientInnen. Ich bin aber immer gerne bereit dazuzulernen und bin auch dankbar für kritische Feedbacks. Das Wohl der PatientInnen und eine differenzierte Betrachtungsweise liegen mir sehr am Herzen!

Wie ich eine Psychotherapie aufbaue:

Wenn jemand eine Psychotherapie und nicht bloss eine kurze psychologische Beratung für ein aktuelles, isoliertes Problem möchte (was auch möglich ist), so lasse ich mir in der 1. Sitzung die Gründe, weswegen jemand mich aufsucht, schildern und versuche, durch gezielte Fragen mir einen Grobüberblick über die Hintergründe der Problematik zu verschaffen. Um den 1. Eindruck zu vertiefen, allenfalls aber auch zu revidieren, schaue ich dann in den darauffolgenden, meist 5 bis 10 Sitzungen, die ich auch Abklärungsphase nenne, zusammen mit dem Patienten folgende Hintergründe an:

  • die Familiengeschichte, die ich in einem Genogramm (= eine Art Stammbaum) anhand der Angaben des Klienten aufzeichne, und aus der wir Themen herausarbeiten, die ihn/sie in Bezug auf das aktuelle Problem geprägt haben (Beziehungsmuster, Wertvorstellungen, vererbte und vorgelebte Verhaltensweisen u.a.).

  • die Lebensgeschichte, die ich als Befindlichkeitskurve über die Lebensspanne von der Geburt bis heute hinweg aufzeichnen lasse. Wir besprechen dann die zentralen Lebensereignisse, die eine deutliche Veränderung in der Befindlichkeit bewirkt haben. Schlussendlich schauen wir auch an, was bereits in früheren Krisen geholfen und somit als Ressource gedient hat.

  • Das Soziogramm, das bedeutet die aktuellen Beziehungen: Man zeichnet sich in der Mitte als Kreis und rund um einen alle Menschen, die einem wichtig sind – je wichtiger, desto näher. Dann besprechen wir, wie stimmig dieses Beziehungsnetz für einen ist und was man sich allenfalls anders wünschen würde. In einem weiteren Schritt schauen wir, wie diese Veränderungen erreicht werden könnten.

  • Schlussendlich gebe ich in der 1. Sitzung einen Fragebogen (FAMOS/INK) mit, den ich ausfüllen lasse und am Ende der Abklärungsphase bespreche. Im 1. Teil des Fragebogens geht es darum, wie wichtig einem verschiedene Lebensziele sind (so sehe ich, wie jemand die Prioritäten setzt), und im 2. Teil des Fragebogens wird erfragt, wie gut jemand verschiedene Ziele aus seiner Sicht erreichen kann. So wird deutlich, wo vermutlich Leidensdruck besteht – nämlich immer dann, wenn einem etwas sehr wichtig ist, man aber das Gefühl hat, es nicht gut verwirklichen zu können. Therapeutisch ansetzen kann man dann grundsätzlich an beiden Orten: man kann zusammen anschauen, wie ein Ziel besser erreicht werden könnte, und manchmal macht es auch Sinn, die Wichtigkeit von Zielen in Frage zu stellen und vielleicht die Prioritäten neu zu setzen. Dies ist oft dann der Fall, wenn Prioritäten sehr einseitig gesetzt werden, z.B. einseitig leistungsorientiert oder einseitig auf andere bezogen oder sich selbst etc.

Auf Wunsch fasse ich die Erkenntnisse aus dieser Abklärungsphase und den vermuteten Zusammenhang zur aktuellen Problematik für den Patienten/die Patientin schriftlich zusammen und gebe sie ihm/ihr mit nach Hause. Nach dieser Abklärungsphase setze ich mit dem Patienten Ziele für die weitere Therapie fest: was soll am Ende der Therapie erreicht sein, woran würde man das ganz konkret merken und wie könnte es umgesetzt werden. Diese Ziele halten wir schriftlich fest. Zwischendurch gebe ich dann während der darauffolgenden Therapie, auch “Hausaufgaben“, sofern der Patient/die Patientin damit einverstanden ist. Da ich die Hauptausbildung in kognitiver Verhaltenstherapie gemacht habe, bedeutet dies auch oft, dass wir nicht nur über die Dinge reden, sondern diese in alltagsbezogenen Handlungen umsetzen. Das heisst z.B. bei Ängsten, dass wir meist auch eine Konfrontation mit den angstauslösenden Situationen vornehmen (z.B. bei belastender Höhenangst zusammen auf einen Turm gehen und solange dort oben bleiben, bis die Angst sich gelegt hat) oder bei Sozialphobie (Angst vor negativer Bewertung durch andere) absichtlich Dinge tun, womit man sich positioniert oder negativ auffallen könnte, um zu merken, dass einen nie alle ablehnen und dass man Krititk aushalten kann. Oder bei Magersucht zusammen etwas essen und die Freude am Essen wiederentdecken. Aber nichts findet ohne die Einsicht und die Einwilligung des Patienten/der Patientin sowie eine gute Vorbereitung statt.

Obwohl ich den oben beschriebenen klaren Aufbau stets für eine Therapie vorschlage, lasse ich mich auch auf die Wünsche des Patienten ein und wähle manchmal einen anderen Weg. So haben auch aktuelle brennende Themen, gerade weil ich meistens längere Sitzungen mache, stets ihren Platz. In der ersten Hälfte der Sitzung wird dann oft das Aktuelle angeschaut und in der zweiten Hälfte der Hintergrund (Abklärungsphase) erarbeitet. Wenn es Sinn macht und gewünscht wird, beziehe ich Angehörige oder wichtige Menschen aus dem Umfeld in die Therapie ein und arbeite mit anderen Fachkräften zusammen (z.B.Ärzte zwecks Medikamentenabgabe / medizinischer Abklärungen) Die Länge einer Therapie ist sehr individuell. Jeder braucht seine Zeit für Veränderungen.

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